FAQ Leichte Sprache

Auf dieser Seite bekommen Sie die Antwort auf häufig gestellte Fragen zur Leichten Sprache. Sie finden Argumente für die Verwendung Leichter Sprache. Ich erläutere Ihnen, worin die Besonderheiten bei einer Übersetzung in Leichte Sprache bestehen. Außerdem bekommen Sie Tipps, wie Sie als Auftraggeber den Prozess der Übersetzung begleiten können.

Internetseiten von Behörden und öffentlichen Stellen müssen in vielen Bundesländern zumindest teilweise in Leichte Sprache übersetzt werden. Die Bundesländer haben dafür unterschiedliche Gesetze und Regelungen erlassen. in einigen Bundesländern reicht einfache Sprache.[1]

Welche Bereiche müssen in Leichte Sprache übersetzt werden?

Ausgangspunkt für das Internet-Angebot in Leichter Sprache sind die Richtlinie 2016/2102 der EU und darauf aufbauende europäische Normen. Die Richtlinie fand Eingang in die Gesetze der EU-Mitgliedsländer.

In Deutschland finden sie sich im Behindertengleichstellungsgesetz und in der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) des Bundes wieder. Die Verordnung gilt für Bundesbehörden und sogenannte öffentliche Stellen des Bundes. Öffentliche Stellen sind Bundesbehörden und mit Bundesmitteln finanzierte Einrichtungen, nachzulesen im § 12 Behindertengleichstellungsgesetz.[2]

Diese Stellen müssen ihre Internetseite in Leichter Sprache anbieten. Die Übersetzung in Leichte Sprache muss aber nicht alle Seiten des Internet-Auftritts umfassen.

Zur Übersetzung in Leichte Sprache gehören:[3]

  1. Eine Information über die wesentlichen Inhalte
  2. Hinweise zur Navigation
  3. Wesentliche Inhalte aus der Erklärung zur Barrierefreiheit
  4. Hinweise auf weitere Informationen in Leichter Sprache und in Deutscher Gebärdensprache, die im Internet-Auftritt enthalten sind

Die Verordnung des Bundes enthält Regeln für die Übersetzung in Leichte Sprache und für das Leichte-Sprache-Layout im Internet.

Die Gesetze und Richtlinien des Bundes gelten grundsätzlich auch für Veröffentlichungen auf Landes- und kommunaler Ebene. Maßgeblich sind hier aber die Gesetze und Verordnungen der Länder. Die Regelungen für die Übersetzung von Internetseiten in Leichte Sprache sind nicht einheitlich. In einigen Bundesländern genügt eine „verständliche Sprache“. Es wird nicht näher erklärt, was damit gemeint ist. Der Link zu Ihrem Bundesland steht unten auf der Seite.[4]

Welche wesentlichen Inhalte sollen in Leichte Sprache übersetzt werden?

Nach der BITV 2.0 muss nicht die gesamte Internetseite in Leichte Sprache übersetzt werden. Was die wesentlichen Inhalte sind, legt der Anbieter fest. Wir beraten unsere Kunden bei der Auswahl der Themen. Folgende Informationen gehören unbedingt dazu:

  • Über die Organisation (wir über uns)
  • Das Informationsziel (Für wen ist das Angebot gedacht und was soll mit dem Angebot erreicht werden)
  • Welche Inhalte werden nur in schwerer Sprache angeboten
  • Konkrete Angebote und Dienstleistungen
  • Alles, was besonders für die Zielgruppe wichtig ist

Welche Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache sind wichtig?

Die Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache sind in der BITV vorgesehen. Die Hinweise sollten als Ersteinstieg in die Internetseite funktionieren. Wir wissen jedoch nicht, wie viele Menschen mit Lernschwierigkeiten tatsächlich diesen Weg gehen.

Zur Bebilderung der Navigationshinweise sind Screenshots nötig. So können Menschen mit Lernschwierigkeiten Internet-Fachbegriffe – wie Hauptmenü oder Fußzeile – verstehen.

Diese Seitenelemente sollten mit ihren Funktionen erläutert werden:

  • Kopfzeile (mit Logo, Serviceleiste und Hauptmenü)
  • Fußzeile
  • Suchfunktionen
  • Möglichkeiten der Kontaktaufnahme
  • Besondere Funktionen (zum Beispiel Glossar, Suche, Kunden-Login, Newsletter-Bestellung)

Die Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache müssen kurz sein. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen sie noch in Erinnerung haben, wenn sie die eigentliche Website öffnen. Deshalb lautet unsere Empfehlung auch, Navigationshinweise und Inhalt klar zu trennen.

Wir bieten Ihnen die Erstellung der Navigationshinweise als Komplettleistung an. Dafür benötigen wir dann keine Textvorlage zum Übersetzen in Leichte Sprache.

Was gehört in die Erklärung zur Barrierefreiheit?

Nach BITV 2.0 soll die Erklärung zur Barrierefreiheit auf Grundlage eines Eigen- oder Fremdtests erfolgen. Es geht um die Einschätzung, ob die Internetseite vollständig, teilweise oder nicht barrierefrei ist.

Nicht barrierefreie Bereiche sind zu nennen. Die Planung, wann und wie diese Bereiche barrierefrei gemacht werden, ist Teil der Erklärung.

Die Erklärung zur Barrierefreiheit umfasst folgende Teile:

  • Aussagen zur Barrierefreiheit der Internetseite
  • Regeln für Anfragen und Beschwerden (Feedback-Mechanismus)
  • Hinweis auf die Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz

Von den Bestimmungen zur Barrierefreiheit sind Kulturerbe und Archive ausgenommen (§ 2 Abs. 2 BITV 2.0). Die Richtlinie (EU) 2016/2102 lässt auch Ausnahmen wegen unverhältnismäßig hohen Aufwands zu.[5] Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit erläutert, dass es sich dabei um begründete Einzelfälle handeln muss, die einer gründlichen Erwägung bedürfen.[6] Wir hatten bereits einen solchen Fall, dabei handelte es sich um eine temporäre Projektseite, deren Abschaltung bereits zu einem festen Termin geplant war. Unser Auftraggeber veröffentlichte die Übersetzung in Leichte Sprache, verzichtete aber auf die Gebärdensprache.

Die Erklärung zur Barrierefreiheit nach BITV 2.0 muss (in gekürzter Form) auch in Leichte Sprache übersetzt und veröffentlicht werden.[7]


[1] Den Unterschied erklären wir hier: Was ist der Unterschied zwischen Leichter Sprache und einfacher Sprache?

[2] Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG § 12 Öffentliche Stellen des Bundes: § 12 BGG – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

[3] Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 § 4  https://www.gesetze-im-internet.de/bitv_2_0/BJNR184300011.html

[4] Internetseite des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik: https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/laenderspezifische-regelungen/laenderspezifische-regelungen-node.html

 

[5] Ausnahmen nach Richtlinie (EU) 2016/2102 in der Erläuterung 39: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32016L2102

[6] Bundesfachstelle Barrierefreiheit FAQ „Ist die Pflicht zur barrierefreien Gestaltung möglicherweise unverhältnismäßig, zum Beispiel, wenn sich die Inhalte einer Website gar nicht an blinde Menschen richten? Bundesfachstelle Barrierefreiheit – FAQ – FAQ zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (bundesfachstelle-barrierefreiheit.de)

 

[7] Veröffentlichungspflicht Erklärung zur Barrierefreiheit, Information der Bundesfachstelle Barrierefreiheit: https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Informationstechnik/EU-Webseitenrichtlinie/FAQ/fragen-antworten-eu-richtlinie-websites-und-mobile-anwendungen.html?nn=19ee60fe-a068-40f8-8d41-1e19018a06e6#doc69fda0d4-ffa6-41d7-ad41-d7c4b27668d7bodyText9

Kategorie: FAQ Leichte Sprache

Fotos, Zeichnungen oder Icons sollen bei einer Übersetzung in Leichte Sprache immer dazugehören. Sie erleichtern das Lesen und das Verstehen.

Häufig werden spezielle Leichte-Sprache-Zeichnungen verwendet. Sie sind eigens dafür gemacht, eine Textaussage in der Übersetzung zu unterstützen. Diese Bilder konzentrieren sich auf das Wesentliche und sind kein Schmuckwerk.

Woher kommen die Bilder?

Bilder für die Illustration von Übersetzungen in Leichte Sprache bietet zum Beispiel die Lebenshilfe Bremen für einen kleinen Preis an. Auch freie Zeichnerinnen bebildern Übersetzungen in Leichte Sprache. Sie haben eigene Bildbibliotheken und zeichnen auch individuell passend zum Text. Auf Wunsch übernehmen wir für unsere Kunden die Bildrecherche und den Einkauf in der Internet-Datenbank.

Bilder sind ein wichtiger Bestandteil von Übersetzungen in Leichte Sprache. Inclusion Europe und das Netzwerk Leichte Sprache fordern zur Nutzung von Bildern auf. „Bilder helfen, den Text zu verstehen.“

Zweiter Ausgabekanal

Die Lebenshilfe Bremen spricht von „besonderen Bildern – Leichte-Sprache Bildern.“ Diese sind ganz bewusst eine inhaltliche Dopplung des Textes.[1] Durch die Zeichnungen bekommt die Übersetzung in Leichte Sprache einen zusätzlichen Ausgabekanal. Unbekannte Wörter werden veranschaulicht und mehrdeutige Wörter werden durch Bilder eindeutig. Fotos und Zeichnungen in Übersetzungen können Handlungen und Abläufe sichtbar machen.[2]

Klare Bildaussage

Der Wort-Bild-Beziehung kommt in Übersetzungen in Leichte Sprache eine besondere Bedeutung zu: Die Bilder sollen nicht Illustration sein, sie müssen immer eine Beziehung zum Text haben. Das setzt eine sorgfältige Auswahl voraus.[3] Bei Zeichnungen muss das Motiv eindeutig sein. Fotos sollen nur das Wesentliche zeigen und nichts soll von der Bildaussage ablenken. Die Lesenden müssen die verwendeten Symbole und Icons kennen.

Die Bilder in den Übersetzungen in Leichte Sprache sollen zur Lebenswirklichkeit der Zielgruppe passen. Sie sind gute Marker, um eine Textstelle wiederzufinden. Ein bestimmtes Bild kann auch mehrfach eingesetzt werden. Zum Beispiel: Eine Münze, wenn es um Geld geht.[4]

Bilder werden mitgeprüft

Unsere Prüfgruppe bekommt die Übersetzung in Leichte Sprache zusammen mit den Bildern. Die Prüfer wollen fast immer auch über die Bilder sprechen. Sie verstehen bebilderte Texte besser und behalten sie länger in Erinnerung – was natürlich für alle Menschen gilt. [5]

Aktualisiert 22. Juli 2024


[1] Lebenshilfe Bremen: Bilder für die Leichte Sprache – Lebenshilfe Bremen (lebenshilfe-bremen.de)

[2] Ursula Bredel, Christiane Maaß (Uni Hildesheim): Duden Leichte Sprache (2016) mit den Bänden Theoretische Grundlagen / Orientierung für die Praxis, die wichtigsten Regeln und Empfehlungen für die Praxis, Übungen für die Praxis mit Lösungen. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis, ISBN 978-3-411-75616-2, Leseprobe online

[3] Andrea Halbritter zeigt in ihrem Blog gute und schlechte Beispiele: https://cotelangues.com/de/bilder-in-der-leichten-sprache-der-bierkasten/

[4] DIN SPEC Leichte Sprache 33429 (2024) als kostenfreier Entwurf: DIN SPEC 33429 – 2023-04 – DIN Media

[5] FAQ von ABC-leicht: Wie werden Übersetzungen in Leichte Sprache geprüft?

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Informieren Sie sich hier über die typischen Arbeitsschritte bei der Übersetzung in Leichte Sprache – von der Auftragserstellung bis zur Veröffentlichung des fertigen Textes.


Grundlage für die Übersetzung ist Ihr Text in Standardsprache. Dieser sollte bereits veröffentlicht oder zur Veröffentlichung freigegeben sein. Die Textmenge ist Grundlage für das Kostenangebot. Manchmal sind dafür noch Rückfragen nötig. Zum Beispiel können möglicherweise Textabschnitte weggelassen werden, weil sie für die Zielgruppe nicht relevant sind.

Briefinggespräch

Nach Angebot und Auftragserteilung folgt ein Briefinggespräch. Das Gespräch kann telefonisch, per Konferenz oder persönlich erfolgen. Im Briefing erfrage ich zum Beispiel das Informationsziel und die genaue Zielgruppe. Auch die Sprachregelungen im Unternehmen sind wichtig, denn die Übersetzung in Leichte Sprache ist Teil der Unternehmenskommunikation.

Arbeitsschritte

Im Briefinggespräch stimmt der Auftraggeber mit dem Übersetzer für Leichte Sprache auch die nächsten Arbeitsschritte und die Termine ab. Die Arbeitsschritte erfolgen nacheinander. Es sind:

  • Übersetzung in Leichte Sprache
  • Fachliche Abstimmung im Unternehmen
  • Textprüfung durch die Prüfgruppe
  • Finale Abstimmung

Ansprechpartner im Unternehmen

Der Auftraggeber benennt einen festen Ansprechpartner für Fragen bei der Übersetzung in Leichte Sprache. Es ist gut, wenn dieser Ansprechpartner mit den typischen Kundenfragen und –problemen vertraut ist.

Beschäftigte mitnehmen

Übersetzungen in Leichte Sprache wirken anfangs befremdlich. Der Auftraggeber erklärt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was beabsichtigt ist. Je besser die Beschäftigten informiert sind, desto aufgeschlossener werden sie dem Projekt gegenüberstehen.

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Gesetze, Verordnungen und Regeln bestimmen unseren Alltag. Menschen mit Lernschwierigkeiten suchen Antwort auf ihre Rechtsfragen, zum Beispiel zu Rente, Pflege oder Schwerbehinderung. Die Übersetzung in Leichte Sprache ist für sie eine wertvolle Hilfe. Aber wie kann Recht in Leichte Sprache übersetzt werden?

Texte für Juristen

Warum sind Gesetze eigentlich so schwer zu verstehen? Gesetze sind abstrakt, weil sie keinen konkreten Vorgang beschreiben. Sie müssen auf eine unendliche Zahl möglicher Fälle anwendbar sein. Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen aber anschauliche Beispiele.

Dazu kommt, dass Begriffe in der Rechtssprache nicht immer dieselbe Bedeutung haben wie im Alltag, zum Beispiel Eigentum und Besitz. Gesetzestexte richten sich an Juristen und Beamte. Für sie sind die Gesetze Entscheidungsgrundlage. Laien verstehen Gesetze nur, wenn sie sich intensiv damit beschäftigen. [1]  [2]

Rechtstexte für „Jedermann“

Jedermann-Texte sind in Standardsprache verfasst. Solche Rechtstexte ermöglichen es juristischen Laien, ihr Verhalten an Normen auszurichten. Sprachliche Präzision und Verständlichkeit sollen bei diesen Texten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Vielfach schreiben juristische Laien an solchen Texten mit, zum Beispiel bei der Ortssatzung ihrer Kommune. Für das Schreiben dieser Texte hat das Bundesjustizministerium „allgemeine Hinweise“ veröffentlicht. [3]

Rechtstexte in Leichter Sprache

Die Bereitstellung von Informationen in Leichter Sprache ist im Bundesgleichstellungsgesetz (§ 11) geregelt. Demnach haben Menschen mit geistigen oder seelischen Behinderungen einen Anspruch auf angemessene Information. Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke sind „auf Verlangen“ in Leichter Sprache zu erläutern. Bund, Land und Kommunen sollen mehr Informationen in Leichter Sprache bereitstellen. [4]

Keine Übersetzungs-Pflicht für Gesetze

Die Forderung nach der Übersetzung von Gesetzestexten in Leichte Sprache wurde 2019 vom Bundestag nicht unterstützt. Der Petitionsausschuss verwies auf die bereits vorhandenen Erläuterungen zu Gesetzen auf den Seiten der Ministerien. Es gebe jedoch Bedarf, den Gebrauch von Leichter Sprache so auszubauen, dass Informationen auch für Menschen mit Behinderung gut verständlich und zugänglich sind.“ [5]

Für die Übersetzungen in Leichte Sprache geeignet sind:

  • Standardsprachliche Erläuterungen zu Gesetzen. Beispiele dafür findet man zu den Themen Patientenverfügungen oder zum Erbrecht.
  • Auszüge aus Gesetzen und Verordnungen, zum Beispiel die Verkehrsregeln aus der Straßenverkehrsordnung.
  • Regelwerke, zum Beispiel Ortssatzungen und Durchführungsbestimmungen oder Hausordnungen.
  • Ausfüllhilfen zu Formularen.

Grundsätzlich sollten Übersetzungen in Leichte Sprache dem standardsprachlichen Original möglichst genau entsprechen. Doch dabei kommt es manchmal zu Schwierigkeiten:

  • Der Originaltext setzt häufig Vorkenntnisse und Erfahrungen voraus, die Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht haben. Das fehlende Wissen muss bei der Übersetzung in Leichte Sprache ergänzt werden.
  • Wenn der Nutzen des Textes beim Lesen nicht sofort erkennbar ist, dann stellen wir eine Einordnung voran. Zum Beispiel: Welche Vorteile habe ich durch den Schwerbehindertenausweis?
  • Rechtstexte enthalten zu viele Passivsätze. Handelnde Personen werden nicht oder nur abstrakt benannt. Zum Beispiel „Leistungserbringer“ oder „Erblasser“. Übersetzungen in Leichte Sprache leben von der Nennung handelnder Personen und aktiven Sätzen.
  • Subjekt und Prädikat stehen in Rechtstexten oftmals weit auseinander, für die Leser von Leichter Sprache zu weit. Sie „scannen“ Sätze nicht als Ganzes, sondern lesen Wort für Wort.
  • Der Satzbau in Rechtstexten ist vielgliedrig. Es gibt Schachtelsätze, zum Beispiel, um Sonderfälle auszuklammern.
  • Viele Fachbegriffe und Bezeichnungen können nicht übersetzt werden, aber sind wichtig und müssen erklärt werden. Solche Erläuterungen verlängern die Leichte-Sprache-Texte.

Übersetzungsstrategien

Übersetzungen in Leichte Sprache sollen möglichst genauso umfassend informieren wie der Text in Standardsprache. Bei einfachen Regelwerken, wie einer Hausordnung, ist das bei der Übersetzung in Leichte Sprache auch problemlos möglich.

Bei komplexen Sachverhalten kann die vollständige Übersetzung in Leichte Sprache sehr umfangreich werden. Das ist nicht im Sinne der Leser. Wir wägen bei unseren Übersetzungen in Leichte Sprache zwischen der Vollständigkeit der Information und der Nutzerfreundlichkeit ab.

Statt der vollständigen Darstellung eines juristischen Zusammenhangs kann die Übersetzung in Leichte Sprache auch als Einführung geschrieben werden. Zur Vertiefung wird auf den Text in Alltagssprache verwiesen. Leichte Sprache begegnet uns hier in der Brückenfunktion. Die Übersetzung in Leichte Sprache bietet einen ersten Überblick. Die Leser können – bei Bedarf mit Hilfe – einzelne Fragen im alltagssprachlichen Text vertiefen.

Aktiv statt passiv

Nebenaspekte dürfen bei Notwendigkeit ausgeklammert werden, zum Beispiel steuerliche Ausnahmefälle beim Thema Erben und Vererben. An der Stelle kann die Übersetzung in Leichte Sprache dann auf den alltagssprachlichen Text verweisen.

Rechtstexte sind passiv. Bei der Übersetzung in Leichte Sprache führen wir nach Möglichkeit aktive Personen ein, zum Beispiel bei der Patientenverfügung Eltern und Kinder.

Über die Strategie bei der Übersetzung in Leichte Sprache entscheidet letztlich der Auftraggeber. Dazu gehört die Frage, welche Aspekte weggelassen werden können und welche Fachbegriffe nötig sind. Als Übersetzer für Leichte Sprache berate ich gern dabei. Die Beratung bei den Übersetzungen in Leichte Sprache ist bei uns immer eine kostenfreie Leistung. [6]

Rechtssicherheit und Leichte Sprache

Übersetzungen in Leichte Sprache sind keine Gesetzestexte und in der Regel nicht rechtssicher. Vor Gericht sollten sie nicht für die Durchsetzung von Ansprüchen herangezogen werden. Darauf kann man im Leichte-Sprache-Text hinweisen.

Leichte Sprache ist eigentlich für Menschen mit einer geistigen Behinderung gedacht. Doch sie ist aus unterschiedlichsten Gründen für 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland eine wichtige Hilfe. Anwender Leichter Sprache unterschreiben Belehrungen, setzen Testamente auf und schließen Verträge ab. Dabei brauchen sie häufig Unterstützung. Mit einer Übersetzung in Leichte Sprache kommen Behörden und Unternehmen ihrer Verantwortung nach dem Behindertengleichstellungsgesetz nach. Sie gewinnen dadurch Rechtssicherheit und entlasten ihre Berater. Übersetzungen in Leichte Sprache ermöglichen einem großen Personenkreis den Zugang zu einem für sie wichtigen Rechtsgebiet. Damit trägt Leichte Sprache zur Bürgernähe von Verwaltungen bei und stärkt den Verbraucherschutz.

Letzte Aktualisierung: 11. April 2024


[1] Gerd Antos / Klaus Brinker / Wolfgang Heinemann / Sven F. Sager (Hrsg.): Text- und Gesprächslinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft) Berlin/New York: de Gruyter, 2000, 658 – 675.© Dietrich Busse 2000

1. Textsorten, Textsortenmerkmale, Textfunktionen bei Rechtstexten – PDF Free Download (docplayer.org)

[2] Justizministerium NRW / Peter Dyrchs: Von der Entstehung der Gesetze und der Sprache https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtskunde/bereich_schueler/briefe_an_passionara/briefe/Brief_009.pdf

[3] Bundesministerium für Justiz /Allgemeine Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften: http://hdr.bmj.de/page_b.1.html

[4] Behindertengleichstellungsgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/bgg/__11.html

[5] Deutscher Bundestag – Gesetzestexte in „Leichter Sprache“ Petitionen/Ausschuss – 01.04.2019 (hib 347/2019)

[6] ABC-Leicht Beratung Leichte Sprache

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Für Übersetzungen in Leichte Sprache gibt es zahlreiche Regelwerke. Ihr Erscheinen widerspiegelt die Entwicklung der Leichten Sprache.

  1. Regelwerk von Inclusion Europe „Schreiben Sie nichts ohne uns“ (2009“ – aktualisiert 2017) [1]
  2. Regelwerk des Netzwerks Leichte Sprache (2009 – aktualisiert 2022) [2]
  3. Regeln nach der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (2011) [3]
  4. Der Duden Leichte Sprache (2016) [4]
  5. DIN SPEC Leichte Sprache 33429 (2024) [5]

Die ersten beiden Regelwerke entstanden maßgeblich unter Mitwirkung von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Regelwerk Nr. 3 ist eine Verordnung des Bundes zur Barrierefreiheit von Internet-Angeboten. Der Duden Leichte Sprache von 2016 fasst die bis dahin veröffentlichten Regeln zusammen. Ein wirklicher Gewinn ist die 2024 veröffentlichte DIN SPEC 33429.

Eine DIN für Leichte Sprache

SPEC steht für specification und ist die Vorstufe für eine neue DIN. Viele Gruppen haben über Jahre daran gearbeitet. Es waren Übersetzer*innen für Leichte Sprache und Menschen mit Lernschwierigkeiten dabei. So beteiligte sich auch das Netzwerk Leichte Sprache. Die DIN SPEC 33429 ist sehr praxisorientiert. Was Menschen mit Lernschwierigkeiten gut verstehen, soll auch erlaubt sein. Einige starre Regeln sind aufgehoben, zum Beispiel:

  • Der Genitiv wird ausdrücklich erlaubt, wenn er leicht verständlich ist: „Annas Auto“
  • Verneinungen werden erlaubt, wenn sie nötig sind: „Ich kann nicht schwimmen.“
  • Die Schriftgröße 14 Punkt muss nicht mehr Standard sein. Kleiner ist auch gut lesbar.
  • Nachrichten müssen nicht mehr chronologisch aufgebaut sein,
    sondern nachrichtentypisch: Das Wichtigste zuerst.

Die Übersetzung in Leichte Sprache nach DIN SPEC 33429 orientiert sich stärker als bisher an der gesprochenen Sprache. Damit trägt sie zu mehr Akzeptanz der Leichten Sprache in der Bevölkerung bei.

Netzwerk Leichte Sprache

Das Netzwerk möchte eine einheitlich hohe Qualität für Übersetzungen in Leichte Sprache sichern. Dafür überprüft der Verein die Arbeit seiner Mitglieder nach dem Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle. ABC-leicht ist Mitglied im Netzwerk Leichte Sprache. Wir richten uns bei unseren Texten nach den Netzwerk-Qualitätskriterien:

  1. Kundenfreundlichkeit
    Wir beantworten alle Anfragen und beraten unsere Kunden über den ganzen Übersetzungsprozess. Die Beratung zur Leichten Sprache ist kostenfrei.
  2. Vier-Augen-Prinzip
    Bei uns erfolgen alle Übersetzungen durch zwei zertifizierte Übersetzer*innen für Leichte Sprache. Die erste Person übersetzt, die zweite Person redigiert und moderiert die Prüfgruppe.
  3. Prüfgruppe
    Das Netzwerk schreibt die Prüfung der Übersetzungen in Leichte Sprache durch mindestens zwei Personen aus der Zielgruppe vor. Bei uns sind es sogar drei. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Prüfer*innen erklären sich gegenseitig schwere Wörter. Sie finden dabei manchmal überraschend gute Lösungen. Unsere Prüfgruppen lesen die Texte in ihrer regulären Arbeitszeit. Sie sind in ihren Werkstätten sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Unsere festen Partner für die Übersetzungen in Leichte Sprache sind der Mosaik Berlin e.V. und das Augustinuswerk Wittenberg. [6]
  4. Qualitätssiegel
    Unsere Übersetzungen in Leichte Sprache richten sich meistens an Menschen mit Lernschwierigkeiten. Wir halten uns dabei an die Regeln des Netzwerkes Leichte Sprache. Manchmal sind unsere Übersetzungen in Leichte Sprache auch für andere Zielgruppen gedacht, zum Beispiel für Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache. Dann weichen wir auch von den Netzwerksregeln ab. Solche Texte können mit dem Siegel von Inclusion Europe gekennzeichnet werden.

Zielgruppengenaue Leichte Sprache

Wir klären vor der Übersetzung in Leichte Sprache möglichst genau, wer die Zielgruppe ist. Denn beim Textverständnis wirken viele Faktoren mit, zum Beispiel Vorkenntnisse und Interessen. Die Uni Leipzig hat das in einer Studie detailliert untersucht und 2019 veröffentlicht. Das Buch heißt: „Leichte Sprache – kein Regelwerk“. Es geht darum, möglichst individuell auf einzelne Gruppen und Lesesituationen einzugehen. Wir nennen das dann gute Leichte Sprache. [7]

Letzte Aktualisierung: 14. Juli 2024


[1] Die Regeln von Inclusion Europe: Inclusion Europe Regelwerk 2017

[2] Regeln des Netzwerks Leichte Sprache 2022: Regeln des Netzwerks Leichte Sprache

[3] Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz / Bundesamt für Justiz, Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0, Anlage)

[4] Ursula Bredel, Christiane Maaß (Uni Hildesheim): Duden Leichte Sprache (2016) mit den Bänden Theoretische Grundlagen / Orientierung für die Praxis, die wichtigsten Regeln und Empfehlungen für die Praxis, Übungen für die Praxis mit Lösungen. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis, ISBN 978-3-411-75616-2, Leseprobe online

[5] DIN SPEC Leichte Sprache 33429 (2024) als kostenfreier Entwurf: DIN SPEC 33429 – 2023-04 – DIN Media

[6] FAQ bei ABC-leicht: Wie werden Übersetzungen in Leichte Sprache geprüft?

[7] Bettina M. Bock: Leichte Sprache – kein Regelwerk, ISBN: 9783732905348, Buch kostenfrei online lesen

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Die Prüfung eines Textes in Leichter Sprache erfolgt durch eine Prüfgruppe von drei bis fünf Personen. Die Prüfer sind Menschen aus der jeweiligen Zielgruppe, zum Beispiel Personen mit Lernschwierigkeiten oder Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache.

Die Prüfgruppe prüft auf Verständlichkeit von Wörtern, Sätzen und Textabschnitten. Die Prüfer lesen den Text im Wechsel laut vor und diskutieren ihn. Ein Moderator stellt durch offene Fragen fest, ob die Prüfer die Übersetzung verstanden haben.

Der Moderator weist die Prüfgruppe für Leichte Sprache in ihre Aufgaben ein. Er erklärt den Ablauf der Prüfung: Nicht die Prüfer werden geprüft, sie prüfen den Text in Leichter Sprache auf Verständlichkeit. In der Diskussion äußern sich die Prüfer zur Gliederung oder fordern Erklärungen für einzelne Begriffe ein. Das bedeutet dann Nacharbeit für den Übersetzer.

Lesefehler können zu neuen Erkenntnissen führen. Bei einem falsch vorgelesenen Satz, hat der Lesende vielleicht unbewusst sogar eine gebräuchlichere und damit bessere Formulierung gefunden.

Manchmal weisen die Prüfer auf inhaltliche Schwächen der Übersetzung in Leichte Sprache hin, die schon im Original vorhanden waren. Dann muss der Übersetzer Leichte Sprache zusammen mit dem Auftraggeber nacharbeiten.

Prüfgruppe heißt auch Teilhabe

Die Arbeit mit einer Prüfgruppe ist Teil des Inklusionsgedankens, die künftigen Leser an den Übersetzungen in die Leichte Sprache zu beteiligen.

Inclusion Europe fordert, dass die Prüfer für ihre Tätigkeit bezahlt werden. Das erfolgt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben über einen Minijob oder in Zusammenarbeit mit geschützten Werkstätten. Das Netzwerk Leichte Sprache schreibt mindestens zwei Prüfer vor. *1

In unseren Prüfgruppen sind mindestens drei Prüfende, die den Text auf verstehendes Lesen prüfen. Die Abfrage erfolgt durch offene Fragen. Bei der Zahl der Prüfenden richten wir uns nach dem capito-Qualitätsstandard für Übersetzungen in Leichte Sprache.

Unser Prüfer sind über ihre Werkstätten sozialversicherungspflichtig angestellt und werden für ihre Arbeit bezahlt.


*1 Prüfstandard Netzwerk Leichte Sprache: Das Prüfen – Netzwerk Leichte Sprache (leichte-sprache.org)

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Leichte Sprache ist richtiges Deutsch, aber vereinfachtes Deutsch. Diesem Grundsatz folgen die meisten Übersetzer in Leichte Sprache.

Die aus der Praxis heraus entstanden frühen Regelwerke für Leichte Sprache enthalten aber zum Teil noch Regeln, die es in der Standardsprache nicht gibt. Wegen dieser Verstöße haben viele Menschen die Leichte Sprache abgelehnt. Basierend auf wissenschaftlichen Ergebnissen wurde die Leichte Sprache jedoch weiterentwickelt. Neuere Übersetzungen in Leichte Sprache halten die Regeln der Grammatik und Orthographie ein. *1

Teilhabefunktion der Leichten Sprache

Die Übersetzung muss mit einem eingeschränkten Wortschatz und einer vereinfachten Grammatik auskommen. Bildhafte Sprache, Satire, Zeitblenden – vieles, was den Reichtum unserer Sprache ausmacht, ist in den Übersetzungen in Leichte Sprache nur eingeschränkt möglich. Dennoch: Leichte Sprache ist für Menschen, die nicht in Standardsprache kommunizieren können, der wichtigste Zugang zur Information. Die meisten in Leichte Sprache übersetzten Texte erklären Sachverhalte aus den Bereichen Bildung und Beruf, Recht und Verwaltung sowie Gesundheit und Soziales. Die Übersetzung ist für die Leser der Leichten Sprache das Mittel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Bildungsfunktion

Leichte Sprache muss richtiges Deutsch sein, weil die Übersetzungen auch eine Bildungsfunktion haben sollen. Leichtes Deutsch hilft Menschen, ihre Lesefähigkeit zu verbessern. Das trifft insbesondere auf junge Erwachsene mit Lernschwierigkeiten und Menschen nichtdeutscher Muttersprache zu. Für den Übergang zur Standardsprache ist korrekte Leichte Sprache eine Voraussetzung. Die Anwender Leichter Sprache dürfen nicht durch fehlerhaftes Deutsch stigmatisiert werden. Die Leichte Sprache ist eine noch junge Disziplin des Deutschen. Sie ist in der Entwicklung begriffen. Als Übersetzer für Leichte Sprache verfolge ich alles, was sich auf diesem Gebiet aktuell tut.

Brückenfunktion

Leichte Sprache hat auch eine Brückenfunktion. Die Übersetzungen in Leichte Sprache folgen der Ausgangsvorlage in Standardsprache. Die Lesenden können jederzeit von Leichter Sprache in die Standardsprache wechseln, zum Beispiel, wenn für sie die Fachbegriffe im Originaltext wichtig sind.

Pauschale Kritik, wie vom Deutsch-Experten Bastian Sick geübt, ignoriert die drei Funktionen der Leichten Sprache. Sie ist keine Kindersprache und auch nicht als Ersatz für die Standardsprache gedacht. *2


*1 Ursula Bredel, Christiane Maaß: Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen Orientierung für die Praxis, Berlin: DUDEN, 2016.
*1 Aufsatz Christiane Maaß: Leichte Sprache – typische Einwände.
Online lesen

*2 Bastian Sick: Leichte Sprache für alle

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Leichte Sprache ist eine geregelte Sprache. Ziel ist die möglichst weitgehende Barrierefreiheit. „Alle Menschen sollen alles verstehen können“, lautet der Grundsatz beim Netzwerk Leichte Sprache. Von diesem Netzwerk Leichte Sprache kommt das bekannteste Regelwerk für Übersetzungen in Leichte Sprache. *1

Aber: Kein Text lässt sich so barrierefrei übersetzen, dass wirklich jeder alles versteht. Es kann auch in der Leichten Sprache nur um barrierearmen Text gehen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Leser auch Texte verstehen, in denen nicht immer alle Regeln eingehalten werden.

In der Leichten Sprache sind bei den Übersetzungen auch Abstufungen möglich. So habe ich bei Capito Berlin zwei Stufen kennengelernt: Leichte Sprache in A1 und A2. Die höhere Stufe A2 gibt es zum Beispiel auch bei der Online-Ausgabe der Apotheken-Umschau, dort heißt es Leichte Sprache+. Anderswo heißt sie leicht verständliche Sprache

Bei meinen Übersetzungen in Leichte Sprache werden Lesefähigkeit, Allgemeinbildung und Erfahrungen der Leserschaft berücksichtigt. Das entspricht dem Inklusionsgedanken. Bei Inclusion Europe findet sich der an Übersetzer gerichtete Appell: „Finden Sie so viel wie möglich über die Menschen heraus, die Ihre Informationen brauchen.“ *2

Prüfung ist Qualitätsstandard bei Leichter Sprache

Nach den Grundsätzen von Inclusion Europe und Netzwerk Leichte Sprache ist die Textprüfung durch Leser aus der Zielgruppe ein Qualitätsmerkmal für Leichte Sprache. Die Prüfung der Leichten Sprache ist aufwändig, aber hat sich in der Praxis als hilfreich erwiesen. Wir arbeiten immer mit drei Prüferinnen und Prüfern, die abwechselnd Textabschnitte laut lesen. Der Moderator darf nicht der Übersetzer sein.

Einfache Sprache

Einfache Sprache ist dagegen nicht gesondert geregelt. Sie ist gut verständliche Standardsprache mit wenig Fremdwörtern und einfachen Satzkonstruktionen. Die Einfache Sprache ist schwerer als Leichte Sprache. Es handelt sich um eine Sprache für jedermann, auch die Bild-Zeitung ist in einfacher Sprache geschrieben. Einfache Sprache wird als „Normaltext“ wahrgenommen. Sie ermöglicht den allgemeinverständlichen Einstieg in komplexe Sachgebiete, zum Beispiel in rechtliche Dinge wie in den Bescheiden eines Sozialamtes. *3

Einfache Sprache ist keine Übersetzung aus der Standardsprache, sondern einfach gut lesbare deutsche Schriftsprache. Einfache Sprache ist geeignet, juristische Inhalte zu transportieren. Damit beschäftigen wir uns seit 2022 in einem Projekt „leicht verständliche Sprache“ mit der Kreisverwaltung Nordfriesland. Es geht um die Einführung von einfacher Sprache auf dem Niveau B1 in allen Bescheiden der Behörde. Die einfache Sprache wird dort nicht zusätzlich eingeführt, sondern ist als Ersatz für schwer verständliches Amtsdeutsch gedacht. Obwohl es nicht verpflichtend ist, prüfen wir auch die einfache Sprache in der Prüfgruppe.

Für Menschen nichtdeutscher Muttersprache

Einfache Sprache ist auch für Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache zu empfehlen. Sie erschließen sich die wenigen noch unbekannten Wörter aus dem Zusammenhang. Die Satzkonstruktionen sind überschaubar und Internationalismen sind für sie kein Problem.

14. April 2024


*1 Regelwerk vom Netzwerk Leichte Sprache

*2 Inclusion Europe: Schreiben Sie nichts ohne uns. ISBN 2-87460-110-1, Regelwerk von Inclusion Europe

*3 Bundeszentrale für Politische Bildung. Gudrun Kellermann: Leichte und Einfache Sprache – Versuch einer Definition. Online lesen

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Geschlechtergerechte Sprache kann in Übersetzungen in Leichte Sprache zu einer Barriere werden. Das zeigt sich bei den Textprüfungen durch Menschen mit Behinderung. Die Regelwerke von Inclusion Europe und Netzwerk Leichte Sprache machen auf diese Schwierigkeit aufmerksam.

Ein Verzicht auf gendergerechte Sprache heißt aber, die Leserinnen und Leser in Leichter Sprache anders zu behandeln als alle anderen. Das ist nicht im Sinne der Inklusion. Außerdem ist sie Sprache auch der Leichten Sprache längst Alltag geworden. Als Übersetzer für Leichte Sprache verständigen wir uns mit unseren Auftraggebern möglichst frühzeitig über das Gendern in den Texten in Leichter Sprache.

Über das Gendern in den Übersetzungen in Leichte Sprache wird in vielen Beiträgen diskutiert. Wir gehen darauf ein und stellen die verschiedenen Techniken vor.

Gendern mit Sonderzeichen

Sonderzeichen sind für Übersetzungen in Leichte Sprache nur bedingt geeignet. Das gilt für einen Stern, Schrägstriche, Doppelpunkte, Unterstriche oder Binnen-I *3. Sonderzeichen stoppen den Lesefluss und werden meistens nicht verstanden. Wenn ein Sonderzeichen verwendet wird, muss es erklärt werden. So die Aussage in einem Blogbeitrag aus dem Jahr 2020.

Gendern durch doppelte Nennung

Eine Möglichkeit ist die konsequente Doppelnennung. Das ist bei alltäglichen Wendungen „Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger“ kein Problem. Bei der Übersetzung in Leichte Sprache sollte aber erst die männliche Form genannt werden, weil sie die kürzere ist.

Nachteil: Die konsequente Nennung der weiblichen und männlichen Form konkurriert mit der Leichte-Sprache-Regel „Sprachökonomie“. Das gilt besonders für Berufsbezeichnungen, die sowieso immer komplizierter werden. Zum Beispiel: Gesundheits- und Krankenpflegerin, Gesundheits- und Krankenpfleger.

Gendern durch neutrale Form

Der Duden Leichte Sprache (Regelwerk) *1 empfiehlt den Ersatz der männlichen Bezeichnung durch eine neutrale Form. Leider entstehen dadurch selten verwendete Kunstwörter. Menschen, für die Leichter Sprache gedacht ist, verstehen sie nicht. Das Genderwörterbuch *2 ist für Übersetzungen in Leichte Sprache leider keine große Hilfe.

Weniger bekannte Wörter, Partizipien und Neuschöpfungen sind zu schwer“, heißt es in einem Blogbeitrag auf genderleicht.de *3. Autorin Lucia Clara Rocktäschel nennt einige Beispiele, was in Leichter Sprache funktioniert und was nicht:
Gut geeignet: Mensch / Person / Leute / Mitglied
Nicht geeignet: Mitarbeitende / Interessierte / Leserschaft / Lehrkraft

Nur die männliche Form

Der Duden Leichte Sprache (Ratgeber)* 4 aus dem Jahr 2016 lässt die Möglichkeit offen, aufs bei Übersetzungen in Leichte Sprache aufs Gendern zu verzichten. Der Übersetzung in Leichte Sprache sollte eine Erklärung vorangestellt werden. Sie könnte lauten: „Das Wort Notar steht im Text. Der Notar kann ein Mann sein. Aber ein Notar kann auch eine Frau sein. Die Frau heißt dann: Notarin. Im Text stehen immer nur Wörter für Männer. Dann kann man den Text leichter lesen.“

Verständlichkeit der Gender-Techniken

Capito Graz testete in einer Studie zur gendergerechten Übersetzung in Leichte Sprache die verschiedenen Gender-Techniken in Prüfgruppen. *5 Die Studie aus dem Jahr 2022 schloss grundsätzlich aus, nur die männliche Form zu verwenden. An der Studie nahmen 54 Prüferinnen und Prüfer für Leichte Sprache in Deutschland und Österreich teil. Ihre Sprachniveaus waren A1, A2 und B1.

Gut verstanden wurden:
Neutrale Nennung (Leute, Menschen…)
Nennung der männlichen und weiblichen Form
Überwiegend gut verstanden wurden:
Das Sonderzeichen Stern, noch besser als der Doppelpunkt
Schlecht verstanden wurden:
Partizipien (Mitarbeitende, Lehrende)
Doppelnennung mit Artikel (der / die Mitarbeiter:in)

Ausnahmen

Wir machen auch Ausnahmen, nämlich dann, wenn die Nennung nicht auf natürliche Personen bezogen ist. Unsere aktuellen Beispiele:
Sender und Empfänger – auf Kommunikation bezogen
Arbeitgeber – auf Firma oder Behörde bezogen


*1 Duden Leichte Sprache (Regelwerk) 1. Auflage, 2016, ISBN 978-3-411-75618-6 Leseprobe online

*2 Online-Genderwörterbuch „geschickt gendern“

*3 Blockbeitrag Lucia Clara Rocktäschel: https://www.genderleicht.de/gendern-in-leichter-sprache-anleitung/

*4 Duden Leichte Sprache (Ratgeber) ISBN: 978-3-411-75618-6

*5 Capito Graz: Leicht verständliche Sprache genderfair! genderstudie-2023-vollversion.pdf

Links geprüft am 15. Juni 2023

Kategorie: FAQ Leichte Sprache

Rund 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht gut genug lesen, um gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das sind 12,1 Prozent der Erwachsenen, wie aus der LEO-Studie der Uni Hamburg 2018 hervorgeht. Für diese Menschen sind Übersetzungen in die Leichte Sprache gedacht. LEO steht für Level One, es ist die Stufe mit der niedrigsten Lesekompetenz. Die Level 1-3 sind gering literalisierte Personen, die in früheren Studien als funktionale Analphabeten bezeichnet wurden. *1

Die Zahl der Erwachsenen mit der Schreib- und Lesekompetenz 1-3 ist seit einer ersten Studie 2010 um über eine Million zurückgegangen. Das hat auch damit zu tun, dass Menschen heute offener mit ihren Defiziten umgehen. Es ist kein so großes Tabu mehr, nicht richtig lesen und schreiben zu können. Zahlreiche Bildungsprogramme und nicht zuletzt die Übersetzungen in Leichte Sprache haben zur Förderung der Lesekompetenz beigetragen und – in der Kategorisierung von LEO – im Aufstieg in eine höhere Gruppe.

Gering literarisierte Menschen mit Level 1-3 sind auf Übersetzungen in Leichte Sprache angewiesen. Menschen mit einer Schreib- und Lesekompetenz auf Level 4 zählen nicht zu den gering Literalisierten, aber auch für sie ist Leichte Sprache gut. Denn sie haben durchaus Schwierigkeiten beim Lesen von zusammenhängenden Texten. Sie lesen langsam und fehlerhaft und haben häufig Vermeidungsstrategien entwickelt. Bei Gesundheitsinformationen, Behördenschreiben oder Gebrauchsanleitungen sind die Lesenden mit Level 4 ebenfalls außen vor. Damit sind diese 10,6 Millionen Erwachsenen (20,5 Prozent) bei wichtigen Themen wie Gesundheit und Soziales in ihrer Teilhabe benachteiligt.

*1 Grotlüschen, Anke; Buddeberg, Klaus; Dutz, Gregor; Heilmann, Lisanne; Stammer, Christopher (2019): LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Aufsatz, Hamburg.
Level One-Studie der Lesekompetenz LEO 2018 online

Letzte Aktualisierung: 6. Juli 2022

Kategorie: FAQ Leichte Sprache

Übersetzungen in Leichte Sprache sollen möglichst nahe am Originaltext bleiben. Das betrifft Struktur, Inhalt, Fachlichkeit und grafische Gestaltung. Dieser Grundsatz ist Teil des Inklusionsgedankens: Alle Menschen haben das Recht auf gleiche, ungefilterte Information. Übersetzungen in Leichte Sprache sollen eine Brückenfunktion haben. Das heißt: Die Leser können sich in Leichter Sprache einen Überblick verschaffen und zur Vertiefung in den standardsprachlichen Originaltext gehen.

Den Text-Nutzen erklären

Allerdings gibt es auch Gründe, vom Original abzuweichen: Die Übersetzung in Leichte Sprache muss fehlendes Wissen und mangelnde Leseerfahrungen kompensieren. Der Übersetzer in Leichte Sprache sollte zum Beispiel bei einem Wahlprogramm oder einem Leitbild erklären, was es mit dieser „Textsorte“ auf sich hat.  Die Lesenden erfahren daraus das Ziel des Auftraggebers. Sie können für sich entscheiden, ob sie den Text lesen wollen. 

Bei Übersetzungen in Leichte Sprache ist die Gliederung noch wichtiger als in der Standardsprache. Lesegeübte verschaffen sich absatzweise einen Überblick, auch inhaltliche oder zeitliche Sprünge sind für sie kein Problem. Die Lesenden in Leichter Sprache erschließen sich den Text Wort für Wort und Satz für Satz. Der Übersetzer für Leichte Sprache muss darum die Informationen in eine für seine Zielgruppe logische Ordnung (meistens chronologisch) bringen.  

Konkrete Begriffe verwenden

Leichte Sprache bläht die Übersetzung auf. Alle für das Thema wichtigen Fremdwörter müssen erklärt oder mit Beispielen veranschaulicht werden. Unwichtige Fremdwörter können – in Abstimmung mit dem Auftraggeber – durch einen alltagsüblichen Begriff ersetzt oder ganz weggelassen werden. Fehlende Grundbildung und Erfahrungen erfordern zusätzliche Erklärungen. Abstrakte Begriffe (Einrichtung) werden durch konkrete ersetzt (Stuhl und Tisch). *1

Lange Texte mindern die Lesebereitschaft – gerade bei den Lesenden Leichter Sprache. Es kommt also beim Übersetzen auf das richtige Maß an. Auftraggeber und Übersetzer vereinbaren im Briefing den Umfang der Übersetzung und den Grad möglicher Abweichungen.

*1 Funktionen der Leichten Sprache in: Prof. Ursula Brendel, Prof. Christiane Maaß, Duden Leichte Sprache, theoretische Grundlagen, ISBN 978-3-411-75616-2, Leseprobe

Kategorie: FAQ Leichte Sprache

Die Übersetzung von Fachtexten in Leichte Sprache ist unser Kerngeschäft, und zwar aus gutem Grund: Information über Bildung und Beruf, Recht und Verwaltung oder Gesundheit und Soziales ermöglichen erst die Teilhabe. Aber gerade auf diesen Gebieten ist die Fachsprache sehr stark verbreitet und verschiedene Fachbegriffe und Formulierungen sind bereits in der Alltagssprache missverständlich. Wie soll es dann erst in Leichter Sprache funktionieren?

Die Übersetzung von Fachtexten in Leichte Sprache erfordert Kooperation. Wir sehen die Fachleute als unsere Partner an. Sie bringen das Wissen ein. Wir sorgen mit der Übersetzung in Leichte Sprache dafür, dass unsere Zielgruppe die Dinge versteht. Fachlich korrekte, verständliche Texte entlasten Bürgerbüros und Serviceteams von unnötigen Fragen. Verwaltungen können effektiver arbeiten und sich auf die wirklichen Probleme ihrer Kunden konzentrieren.

Bei besonders komplizierten Fachtexten bewährt sich ein heißer Draht zwischen dem Auftraggeber und uns, den Übersetzern für Leichte Sprache. So stimmen wir uns zum Beispiel ab, welche Fachbegriffe für eine Übersetzung in Leichte Sprache unbedingt notwendig sind, welche allgemeinverständlich umschrieben oder einfach weggelassen werden können.

Das ist unser Ziel: Alles, was wir in Leichte Sprache übersetzen, muss korrekt sein. Möglichst viele sollen es verstehen.

Glossare

Zu viele Erklärungen blähen den Text auf, das hemmt den Lesefluss. Und wer das Fachwort bereits kennt, kann auf die Erläuterung verzichten. Deshalb fragen wir immer genau nach der Nutzergruppe und informieren uns über deren Vorkenntnisse. Die DIN SPEC 33429 empfiehlt ausdrücklich die Nutzung von Glossaren. Die Akzeptanz des Glossars hängt davon ab, wie einfach die Nutzung ist. Bei Internet-Texten gibt es gute technische Lösungen. Bei Broschüren müssen alle Fachwörter gekennzeichnet werden, für die eine Erklärung hinterlegt ist. [1]


[1] DIN SPEC Leichte Sprache 33429 (2024), S. 22. Kostenfreier Entwurf: DIN SPEC 33429 – 2023-04 – DIN Media

Aktualisierung 24. Juli 2024

Kategorie: FAQ Leichte Sprache