Welche Gesetze gelten für Leichte Sprache im Internet?
Internetseiten von Behörden und öffentlichen Stellen müssen in vielen Bundesländern zumindest teilweise in Leichte Sprache übersetzt werden. Die Bundesländer haben dafür unterschiedliche Gesetze und Regelungen erlassen. in einigen Bundesländern reicht einfache Sprache.[1]
Welche Bereiche müssen in Leichte Sprache übersetzt werden?
Ausgangspunkt für das Internet-Angebot in Leichter Sprache sind die Richtlinie 2016/2102 der EU und darauf aufbauende europäische Normen. Die Richtlinie fand Eingang in die Gesetze der EU-Mitgliedsländer.
In Deutschland finden sie sich im Behindertengleichstellungsgesetz und in der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) des Bundes wieder. Die Verordnung gilt für Bundesbehörden und sogenannte öffentliche Stellen des Bundes. Öffentliche Stellen sind Bundesbehörden und mit Bundesmitteln finanzierte Einrichtungen, nachzulesen im § 12 Behindertengleichstellungsgesetz.[2]
Diese Stellen müssen ihre Internetseite in Leichter Sprache anbieten. Die Übersetzung in Leichte Sprache muss aber nicht alle Seiten des Internet-Auftritts umfassen.
Zur Übersetzung in Leichte Sprache gehören:[3]
- Eine Information über die wesentlichen Inhalte
- Hinweise zur Navigation
- Wesentliche Inhalte aus der Erklärung zur Barrierefreiheit
- Hinweise auf weitere Informationen in Leichter Sprache und in Deutscher Gebärdensprache, die im Internet-Auftritt enthalten sind
Die Verordnung des Bundes enthält Regeln für die Übersetzung in Leichte Sprache und für das Leichte-Sprache-Layout im Internet.
Die Gesetze und Richtlinien des Bundes gelten grundsätzlich auch für Veröffentlichungen auf Landes- und kommunaler Ebene. Maßgeblich sind hier aber die Gesetze und Verordnungen der Länder. Die Regelungen für die Übersetzung von Internetseiten in Leichte Sprache sind nicht einheitlich. In einigen Bundesländern genügt eine „verständliche Sprache“. Es wird nicht näher erklärt, was damit gemeint ist. Der Link zu Ihrem Bundesland steht unten auf der Seite.[4]
Welche wesentlichen Inhalte sollen in Leichte Sprache übersetzt werden?
Nach der BITV 2.0 muss nicht die gesamte Internetseite in Leichte Sprache übersetzt werden. Was die wesentlichen Inhalte sind, legt der Anbieter fest. Wir beraten unsere Kunden bei der Auswahl der Themen. Folgende Informationen gehören unbedingt dazu:
- Über die Organisation (wir über uns)
- Das Informationsziel (Für wen ist das Angebot gedacht und was soll mit dem Angebot erreicht werden)
- Welche Inhalte werden nur in schwerer Sprache angeboten
- Konkrete Angebote und Dienstleistungen
- Alles, was besonders für die Zielgruppe wichtig ist
Welche Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache sind wichtig?
Die Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache sind in der BITV vorgesehen. Die Hinweise sollten als Ersteinstieg in die Internetseite funktionieren. Wir wissen jedoch nicht, wie viele Menschen mit Lernschwierigkeiten tatsächlich diesen Weg gehen.
Zur Bebilderung der Navigationshinweise sind Screenshots nötig. So können Menschen mit Lernschwierigkeiten Internet-Fachbegriffe – wie Hauptmenü oder Fußzeile – verstehen.
Diese Seitenelemente sollten mit ihren Funktionen erläutert werden:
- Kopfzeile (mit Logo, Serviceleiste und Hauptmenü)
- Fußzeile
- Suchfunktionen
- Möglichkeiten der Kontaktaufnahme
- Besondere Funktionen (zum Beispiel Glossar, Suche, Kunden-Login, Newsletter-Bestellung)
Die Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache müssen kurz sein. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen sie noch in Erinnerung haben, wenn sie die eigentliche Website öffnen. Deshalb lautet unsere Empfehlung auch, Navigationshinweise und Inhalt klar zu trennen.
Wir bieten Ihnen die Erstellung der Navigationshinweise als Komplettleistung an. Dafür benötigen wir dann keine Textvorlage zum Übersetzen in Leichte Sprache.
Was gehört in die Erklärung zur Barrierefreiheit?
Nach BITV 2.0 soll die Erklärung zur Barrierefreiheit auf Grundlage eines Eigen- oder Fremdtests erfolgen. Es geht um die Einschätzung, ob die Internetseite vollständig, teilweise oder nicht barrierefrei ist.
Nicht barrierefreie Bereiche sind zu nennen. Die Planung, wann und wie diese Bereiche barrierefrei gemacht werden, ist Teil der Erklärung.
Die Erklärung zur Barrierefreiheit umfasst folgende Teile:
- Aussagen zur Barrierefreiheit der Internetseite
- Regeln für Anfragen und Beschwerden (Feedback-Mechanismus)
- Hinweis auf die Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz
Von den Bestimmungen zur Barrierefreiheit sind Kulturerbe und Archive ausgenommen (§ 2 Abs. 2 BITV 2.0). Die Richtlinie (EU) 2016/2102 lässt auch Ausnahmen wegen unverhältnismäßig hohen Aufwands zu.[5] Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit erläutert, dass es sich dabei um begründete Einzelfälle handeln muss, die einer gründlichen Erwägung bedürfen.[6] Wir hatten bereits einen solchen Fall, dabei handelte es sich um eine temporäre Projektseite, deren Abschaltung bereits zu einem festen Termin geplant war. Unser Auftraggeber veröffentlichte die Übersetzung in Leichte Sprache, verzichtete aber auf die Gebärdensprache.
Die Erklärung zur Barrierefreiheit nach BITV 2.0 muss (in gekürzter Form) auch in Leichte Sprache übersetzt und veröffentlicht werden.[7]
Links geprüft am 23. Dezember 2024
[1] Den Unterschied erklären wir hier: Was ist der Unterschied zwischen Leichter Sprache und einfacher Sprache?
[2] Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG § 12 Öffentliche Stellen des Bundes: § 12 BGG – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
[3] Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 § 4 https://www.gesetze-im-internet.de/bitv_2_0/BJNR184300011.html
[4] Internetseite des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik: https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/laenderspezifische-regelungen/laenderspezifische-regelungen-node.html
[5] Ausnahmen nach Richtlinie (EU) 2016/2102 in der Erläuterung 39: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32016L2102
[6] Bundesfachstelle Barrierefreiheit FAQ „Ist die Pflicht zur barrierefreien Gestaltung möglicherweise unverhältnismäßig, zum Beispiel, wenn sich die Inhalte einer Website gar nicht an blinde Menschen richten? Bundesfachstelle Barrierefreiheit – FAQ – FAQ zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (bundesfachstelle-barrierefreiheit.de)
[7] Veröffentlichungspflicht Erklärung zur Barrierefreiheit, Information der Bundesfachstelle Barrierefreiheit: https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Informationstechnik/EU-Webseitenrichtlinie/FAQ/fragen-antworten-eu-richtlinie-websites-und-mobile-anwendungen.html?nn=19ee60fe-a068-40f8-8d41-1e19018a06e6#doc69fda0d4-ffa6-41d7-ad41-d7c4b27668d7bodyText9