Was sind die Regeln für Leichte Sprache?

Für Übersetzungen in Leichte Sprache gibt es zahlreiche Regelwerke. Ihr Erscheinen widerspiegelt die Entwicklung der Leichten Sprache.

  1. Regelwerk von Inclusion Europe „Schreiben Sie nichts ohne uns“ (2009“ – aktualisiert 2017) [1]
  2. Regelwerk des Netzwerks Leichte Sprache (2009 – aktualisiert 2022) [2]
  3. Regeln nach der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (2011) [3]
  4. Der Duden Leichte Sprache (2016) [4]
  5. DIN SPEC Leichte Sprache 33429 (2024) [5]

Die ersten beiden Regelwerke entstanden maßgeblich unter Mitwirkung von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Regelwerk Nr. 3 ist eine Verordnung des Bundes zur Barrierefreiheit von Internet-Angeboten. Der Duden Leichte Sprache von 2016 fasst die bis dahin veröffentlichten Regeln zusammen. Ein wirklicher Gewinn ist die 2024 veröffentlichte DIN SPEC 33429.

Eine DIN für Leichte Sprache

SPEC steht für specification und ist die Vorstufe für eine neue DIN. Viele Gruppen haben über Jahre daran gearbeitet. Es waren Übersetzer*innen für Leichte Sprache und Menschen mit Lernschwierigkeiten dabei. So beteiligte sich auch das Netzwerk Leichte Sprache. Die DIN SPEC 33429 ist sehr praxisorientiert. Was Menschen mit Lernschwierigkeiten gut verstehen, soll auch erlaubt sein. Einige starre Regeln sind aufgehoben, zum Beispiel:

  • Der Genitiv wird ausdrücklich erlaubt, wenn er leicht verständlich ist: „Annas Auto“
  • Verneinungen werden erlaubt, wenn sie nötig sind: „Ich kann nicht schwimmen.“
  • Die Schriftgröße 14 Punkt muss nicht mehr Standard sein. Kleiner ist auch gut lesbar.
  • Nachrichten müssen nicht mehr chronologisch aufgebaut sein,
    sondern nachrichtentypisch: Das Wichtigste zuerst.

Die Übersetzung in Leichte Sprache nach DIN SPEC 33429 orientiert sich stärker als bisher an der gesprochenen Sprache. Damit trägt sie zu mehr Akzeptanz der Leichten Sprache in der Bevölkerung bei.

Netzwerk Leichte Sprache

Das Netzwerk möchte eine einheitlich hohe Qualität für Übersetzungen in Leichte Sprache sichern. Dafür überprüft der Verein die Arbeit seiner Mitglieder nach dem Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle. ABC-leicht ist Mitglied im Netzwerk Leichte Sprache. Wir richten uns bei unseren Texten nach den Netzwerk-Qualitätskriterien:

  1. Kundenfreundlichkeit
    Wir beantworten alle Anfragen und beraten unsere Kunden über den ganzen Übersetzungsprozess. Die Beratung zur Leichten Sprache ist kostenfrei.
  2. Vier-Augen-Prinzip
    Bei uns erfolgen alle Übersetzungen durch zwei zertifizierte Übersetzer*innen für Leichte Sprache. Die erste Person übersetzt, die zweite Person redigiert und moderiert die Prüfgruppe.
  3. Prüfgruppe
    Das Netzwerk schreibt die Prüfung der Übersetzungen in Leichte Sprache durch mindestens zwei Personen aus der Zielgruppe vor. Bei uns sind es sogar drei. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Prüfer*innen erklären sich gegenseitig schwere Wörter. Sie finden dabei manchmal überraschend gute Lösungen. Unsere Prüfgruppen lesen die Texte in ihrer regulären Arbeitszeit. Sie sind in ihren Werkstätten sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Unsere festen Partner für die Übersetzungen in Leichte Sprache sind der Mosaik Berlin e.V. und das Augustinuswerk Wittenberg. [6]
  4. Qualitätssiegel
    Unsere Übersetzungen in Leichte Sprache richten sich meistens an Menschen mit Lernschwierigkeiten. Wir halten uns dabei an die Regeln des Netzwerkes Leichte Sprache. Manchmal sind unsere Übersetzungen in Leichte Sprache auch für andere Zielgruppen gedacht, zum Beispiel für Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache. Dann weichen wir auch von den Netzwerksregeln ab. Solche Texte können mit dem Siegel von Inclusion Europe gekennzeichnet werden.

Zielgruppengenaue Leichte Sprache

Wir klären vor der Übersetzung in Leichte Sprache möglichst genau, wer die Zielgruppe ist. Denn beim Textverständnis wirken viele Faktoren mit, zum Beispiel Vorkenntnisse und Interessen. Die Uni Leipzig hat das in einer Studie detailliert untersucht und 2019 veröffentlicht. Das Buch heißt: „Leichte Sprache – kein Regelwerk“. Es geht darum, möglichst individuell auf einzelne Gruppen und Lesesituationen einzugehen. Wir nennen das dann gute Leichte Sprache. [7]

Letzte Aktualisierung: 14. Juli 2024


[1] Die Regeln von Inclusion Europe: Inclusion Europe Regelwerk 2017

[2] Regeln des Netzwerks Leichte Sprache 2022: Regeln des Netzwerks Leichte Sprache

[3] Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz / Bundesamt für Justiz, Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0, Anlage)

[4] Ursula Bredel, Christiane Maaß (Uni Hildesheim): Duden Leichte Sprache (2016) mit den Bänden Theoretische Grundlagen / Orientierung für die Praxis, die wichtigsten Regeln und Empfehlungen für die Praxis, Übungen für die Praxis mit Lösungen. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis, ISBN 978-3-411-75616-2, Leseprobe online

[5] DIN SPEC Leichte Sprache 33429 (2024) als kostenfreier Entwurf: DIN SPEC 33429 – 2023-04 – DIN Media

[6] FAQ bei ABC-leicht: Wie werden Übersetzungen in Leichte Sprache geprüft?

[7] Bettina M. Bock: Leichte Sprache – kein Regelwerk, ISBN: 9783732905348, Buch kostenfrei online lesen

Kategorie: FAQ Leichte Sprache
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